Liebe metalogikon - Interessierte!
Wir haben im letzten Newsletter unser Buch "Aufgabe Zukunft- Versäumen, planen, ermöglichen" vorgestellt. Das Frühjahr stand sehr im Zeichen dieser Buchpräsentationen: in Wien, Innsbruck, Graz und zuletzt in Winterthur/Schweiz. Durch die Lesung der Schauspielerinnen und der AutorInnen wurde noch einmal die schöne Vielfalt der Beiträge im Buch deutlich. Rita Schmid Göldi beschreibt als weiteren Beitrag, wie das Projekt "Generationenverbindendes Miteinander" in Cannstatt weitergediehen ist. Josef M. Weber geht in seinem Artikel "Jetzt neu und verbessert" auf die Thematik ein, woher innovative Unternehmen ihre Sicherheit holen, sich auf Unbekanntes einzulassen. In "Gedanken zur besseren Entscheidung" geht es mir darum, die Qualität von Entscheidungsprozessen zu steigern. Schließlich befasst sich Heinold Lindenthal mit der strategischen Intelligenz im Unternehmen.
Metalogische Grüße
Kuno Sohm
Newsletter Redakteur
In dieser Ausgabe lesen Sie:
- Generationenverbindendes Miteinander in Bad Cannstatt/Vorbereitung einer Konferenz der Generationen
- Jetzt neu und verbessert
- Gedanken zur besseren Entscheidung
- Strategischer IQ gefragt?
- Veranstaltungen, Projekte, Hinweise
Generationenverbindendes Miteinander in Bad Cannstatt/ Vorbereitung einer Konferenz der Generationen
Städte sehen sich zunehmend herausgefordert, neue Wege zur aktiven Gestaltung des sozialen Wandels zu erkunden. Einerseits geht es um die Initiierung und Unterstützung neuer Formen der Selbstorganisation von Bürgerinnen und Bürgern und um die Förderung des Gemeinsinns. Andererseits geht es um die Anregung neuer, milieu- und generationenübergreifender Kooperationsformen der örtlichen Infrastruktureinrichtungen. Auf dem Weg zu einem Stadtteil mit einer gelebten Kultur von milieu- und generationsübergreifendem bürgerschaftlichem Engagement und Selbstorganisation startete im Februar 2006 mit Unterstützung der Rudolf und Hermann Schmid Stiftung und auf Basis der Vorarbeit des Jugendamtes der Stadt Stuttgart das Projekt "Generationenzentrum Bad Cannstatt". BeraterInnen von metalogikon begleiten den Prozess.
Auf der Spur von lokalem Wissen und lokalem Engagement
Cannstatt ist der größte Stadtbezirk in Stuttgart mit einer Bevölkerung aus verschiedensten Herkunftsländern. Im Zusammenhang mit dem Neubau eines Jugendhauses bietet sich die Chance, ein Familien- und Generationenhaus als Zentrum für BürgerInnen-Selbstorganisation zu verwirklichen.
Geplant ist, im Januar 2007 eine große "Konferenz der Generationen" durchzuführen, die Raum bietet, dass sich engagierte Bewohner und Bewohnerinnen, aber auch Vertreter/-innen von Cannstatter Institutionen und Initiativen zusammenfinden, um gemeinsam Ideen zu schmieden, Aktivitäten zu planen, Mitstreiter/innen für eigene Vorhaben zu finden, Verbindungen zu knüpfen. Ein Ziel hierbei ist auch, dass sich eine Aktivengruppe zusammenfindet, die das noch zu bauende Familien- und Generationenhaus mit Leben füllen wird.
Diese Konferenz wird Schritt für Schritt vorbereitet - ausgehend von einer Spurgruppe. Diese hat sich in den Monaten März und Mai je einen halben Tag zusammengefunden, um möglichst viel lokales Wissen und lokales Engagement für eine Initiativgruppe zu identifizieren. Durch die Einbeziehung lokaler Akteur/innen, seien es einzelne Bewohner/innen, Mandatsträger/innen oder Institutionen in die Vorbereitung und Einberufung der "Konferenz der Generationen" wird gewährleistet, dass ein möglichst breites Spektrum der Bevölkerung im Stadtteil Bad Cannstatt der Einladung zur "Konferenz der Generationen" folgen wird.
Die Erfahrung zeigt, dass ein deutlicher Zusammenhang zwischen der Organisation von Kommunikationsprozessen und dem Erfolg von Bürgerbeteiligung besteht.
Wir Prozessbegleiter/innen von metalogikon setzen vor allem auf Selbstorganisation, Selbstverantwortung, Kreativität und den Gestaltungswillen der Beteiligten.
Rita Schmid Göldi
Jetzt neu - und verbessert!
"Jetzt neu - und verbessert!" stand da auf einer Diesel-Zapfsäule der Tankstelle zu lesen. Da drängt sich Skepsis auf. Wie kann etwas neu sein und gleichzeitig besser als das Alte, Bisherige? Ist Neues nicht unvergleichlich, weil eben neu und kann damit nie verbessert sein?
"Jetzt neu - und verbessert!" hat aus meiner Erfahrung auch seine Entsprechung in den Unternehmen. Der nicht mehr zu überhörenden Forderung nach Innovationen (Forderungen nach gänzlich neuen Produkten und Dienstleistungen, nach revolutionären Verfahrensweisen und Prozessen, nach unvorstellbaren Produktivitätssteigerungen oder Qualitäten...) stehen Ansprüche des Risikokalküls, der Prognostizierbarkeit des Ergebnisses und der Erfüllung strategischer oder ökonomische Vorgaben entgegen. Der Widerspruch führt dann dazu, dass letztlich der Boden des bisherigen Wissens und der Erfahrungen nicht verlassen wird. Verbesserungen von Bestehendem wird Vorrang gegenüber der Entwicklung von wirklich Neuem eingeräumt. Sicherheit geht vor Risiko.
Mit den Erfahrungen der Vergangenheit kann gar nicht ausreichend beurteilt werden, ob das, was gedacht und versucht wird, eine echte Chance auf Erfolg hat. Es kann nicht berechnet werden, ob das Neue innerhalb eines bestimmten Zeitraums und mit einem bestimmten Aufwand erledigt werden kann oder nicht. Und Strategien und Vorgaben reduzieren mitunter das Werdende schnell auf Bestehendes.
Heißt also radikale Innovationen anzustreben, auf jede Form von Sicherheit und Ausrichtung zu verzichten? Ich beobachte, dass Unternehmen, denen Innovationen gelingen, ihre Sicherheit, sich auf Unbekanntes einzulassen, von wo anders herleiten:
- aus der Erlaubnis, Forschergeist entwickeln zu dürfen
- aus der Zuversicht, dass sich daraus ein Wollen aller Beteiligten bildet, das zu verantwortlichem Handeln führt
- vom Mut, durch Ausprobieren zu lernen
Zurück zu meinem letzten Tankstopp. Neugierig geworden bin ich dem Satz "Jetzt neu - und verbessert!" auf den Grund gegangen. Fazit: Neu am Treibstoff ist gar nichts. Ich kann damit nach wie vor den Dieselmotor meines Fahrzeugs betreiben. Verbessert wurden - schenkt man den Beschreibungen des Produzenten Glauben - die Verbrauchs- und Abgaswerte. Einige km weiter fahren und weniger Schadstoffe zu verbreiten ist nun möglich. Nicht wirklich Aufregendes also. Und schon gar nicht Neues.
Josef M. Weber
Gedanken zur besseren Entscheidung
Ich habe immer wieder erlebt, das in Entscheidungssituationen Menschen vorschnell und ungeduldig zur Entscheidung mahnen: "Stimmen wir ab", heißt es dann. Das sog. demokratische Entscheidungsmodell, bei der die Mehrheit bestimmt, soll damit Anwendung finden. Vorschnell darum, weil in der Erinnerung im Raum eine Atmosphäre spürbar war, dass die gute Entscheidung noch nicht reif war.
Drei Gedanken dazu:
- Die Kommunikationsform Dialog könnte in komplexen Entscheidungssituationen wie zum Beispiel im Finden einer neuen Arbeitsstruktur, einer neue Ausrichtung eines Bereiches oder einer Art und Weise, wie zukünftig entschieden werden soll, eine wesentliche Entscheidungsvorbereitung sein. Entscheidung danach waren aus meiner Erfahrung dann viel tragfähiger und ausgewogener.
- Wie auch in ähnlichen Modellen wie dem Medizinrad fördert das Dialogische unter breiter Beteiligung, dass möglichst viele Geister bzw. Perspektiven Berücksichtigung finden können: der Geist der Klarheit, der Geist des Sachgerechten, der Geist des Menschengerechten, der Geist des Situationsgerechten, der Geist der Kreativität oder auch der Geist, der beflügelt und Freude bringt. Wenn die verschiedenen Geister gebührend Raum bekommen, ist die Gewähr groß, dass die folgende kollektive Entscheidung im Lichte aller Geister gefällt wird.
- Eine bessere Entscheidung wird auch durch eine Kommunikationskultur gefördert, bei der Menschen nicht nur mit Zivilcourage ein Nein zu einer Entscheidung argumentieren, wieso es noch nicht gut ist, die Entscheidung jetzt schon zu treffen. Nein zu sagen, ohne zu argumentieren, zeigt eher eine destruktive Tendenz. Überschlafen, vertagen helfen dann, den Entscheidungsprozess weiter am Gären zu halten. "Wer nämlich zu früh trinkt, wird leicht beschwipst", heisst es. Auf der anderen Seite braucht es in einer Gruppe nicht immer von allen ein Ja, weil vielleicht auch die Begeisterung unterschiedlich ist. Wenn wir aber den Prozess durch langwieriges Ja-Argumentieren laufen lassen, kann die Begeisterung bedroht sein.
Wenn wir von Niklas Luhmann wissen, dass Organisationen sich um Entscheidungen bilden, können wir eigentlich nicht genug investieren, um die Qualität von Entscheidungen in Organisationen zu heben.
Kuno Sohm
Strategischer IQ gefragt?
Immer wieder wird in Unternehmen die Frage gestellt: "Wie können wir unseren Unternehmenserfolg nachhaltig absichern, wo wir doch heute schon nicht wissen, was wir dem Wettbewerbs- und Kostendruck entgegensetzen sollen?" Hektische Management-Betriebsamkeit im Alltag ist zu beobachten - Rezepte aus Erfolgsberichten anderer Unternehmen werden unüberprüft übernommen, Outsourcing wird als DAS Kostenreduzierungspotenzial gesehen, Verlagerungen in Billiglohn-Länder ist in, Bench-Marking in allen Gassen, damit wir danach noch mehr vom selben machen, immer neue Kennzahlen-Systeme werden entwickelt und veradministrieren den Führungsalltag, die "Effizienzfalle" klappt zu.....
Natürlich ist es in vielen Unternehmenssituationen unbedingt erforderlich, zunächst die "hard facts" des operativen Alltags im Griff zu haben; wenn ich heute nicht ein gesundes Ergebnis einfahre, die Liquidität gesichert habe etc. werde ich das Morgen nicht erleben. Dennoch sollten diese Maßnahmen immer geleitet sein von einer klaren strategischen Ausrichtung. Eine klassische Unterscheidung in der Unternehmensführung bekommt hier wieder eine besondere Bedeutung, nämlich: "Machen wir Dinge richtig oder machen wir die richtigen Dinge!"
Für die erfolgreiche Bewältigung der zukünftigen Herausforderungen in Europa wird es notwendig sein, dass wir uns wieder mehr darauf konzentrieren, unsere Organisationen unternehmerisch zu führen - i.S. von: nachhaltigen Mehrwert für die Umwelt zu schaffen, anstatt sie möglichst "trendig" zu managen und ausschließlich kurzfristige Ergebnismaximierung zu forcieren. Damit sind wir bei klassischen Aufgaben des strategischen Managements: Wie wollen wir in zukünftige Potenziale investieren und diese entwickeln, um damit nachhaltig die Voraussetzungen zu schaffen, später diese entwickelten Potenziale im Unternehmen auszuschöpfen?
Es gilt daher heute in Unternehmen, die richtige Balance zu finden zwischen operativer Steuerung - zur Sicherstellung von Betriebsergebnissen und Liquidität - und strategischer Steuerung - zur Sicherstellung der längerfristigen Überlebensfähigkeit. Differenzierende strategische Ausrichtungen und eine "strategische Intelligenz im Unternehmen" zu entwickeln, sind heute wesentliche Erfolgsfaktoren:
Strategische Intelligenz zeichnet sich dadurch aus, dass neben der analytischen Zukunftsgestaltung, der Intuition wieder mehr Raum gegeben wird. Zukunft ist nicht errechenbar - wir müssen durch bewusstes "Hineinhorchen" in Kundenbedürfnisse, Trends, technologische Entwicklungen etc. die strategischen Chancen des Unternehmens "erspüren". Radikal neue Sichtweisen und Koppelung von bisher nicht Angedachtem ermöglichen die erforderliche kantige Positionierung am Markt. Die zentrale Frage ist: Wollen wir uns an den Branchen-Spielregeln orientieren und besser sein als der Wettbewerb oder wollen wir mit unseren Leistungspaketen einen neuen Markt schaffen und den Wettbewerb damit überflüssig machen? W. Chan Kim & Renée Mauborgne haben in ihrem Buch "Blue Ocean Strategy" einige Unternehmensbeispiele angeführt, die diesen Weg bereits erfolgreich beschritten haben.
Strategische Intelligenz eines Unternehmens heißt, die langfristigen Ausrichtungen (Positionierungsmerkmale) im Unternehmensalltag - spürbar für die Außenwelt - konsequent, tagtäglich umzusetzen. Alle Mitarbeiter müssen über die längerfristigen Ziele des Unternehmens informiert sein, sie sind einzubeziehen bei der laufenden Klärung, worin ihr Beitrag zur Strategie-Umsetzung besteht. D.h. der Kunde muss immer wieder durch das Handeln aller Mitarbeiter merken, was das Besondere unseres Unternehmens ausmacht.
Das Erreichen von strategischen Zielen passiert nicht zufällig. Hier sind klare langfristige Erfolgskriterien zu fixieren, an denen wir den Fortschritt in unseren strategischen Vorhaben feststellen können und die es ermöglichen zu steuern. Es geht hier nicht nur um "Financials", sondern um Potenziale, die wir z.B. hinsichtlich kreativer Wertschöpfungsprozesse, besonderen Kundenbeziehungen oder hinsichtlich einzigartigen Kernkompetenzen entwickeln wollen. Vor allem können diese Erfolgskriterien einen wesentlichen Input zum organisationalem Lernen liefern - aus meiner Sicht einem Kernstück des strategischen IQs. Die Auseinandersetzung mit Erreichtem, das gemeinsame Finden von Lösungen, Erfahrungen bewusst zu nutzen, erworbenes Know how im Unternehmen zu multiplizieren, eigenverantwortlichen Handeln in Teams zu verstärken etc. sind die Herausforderungen für das strategische Management der Zukunft.
Heinold Lindenthal
Interessante Literatur zum Thema:
"Der blaue Ozean als Strategie" W.Chan Kim, Renée Mauborgne (Hanser Wirtschaft, Sept. 2005)
Veranstaltungen, Projekte, Hinweise
Innovationskraft stärken - Zukunft hervorbringen: Die Erschließung nachhaltiger Erfolgspotenziale in Unternehmen
Drei Unternehmen (Daimler Chrysler, Mühlböck Holztrocknungsanlagen und dem Wiener ArbeitnehmerInnen Förderungsfond) haben im Mai dieses Jahres das bereits vierte Lernprojekt gestartet. Im Herbst 2006 wird weiteren Unternehmen die Möglichkeit geboten diese außergewöhnliche Community of Practice zu bilden, aus der heraus sie Projekte zur Steigerung ihrer organisationalen Lern- und Innovationsfähigkeit in ihren eigenen Unternehmen realisieren werden.
inn[o]pact: Essentielle Innovationen hervorbringen - Innovationskraft dauerhaft stärken
Radikale Innovationen hervorbringen und auf eine ungewöhnliche aber wirksame Art einen Geschäftsprozess Innovationskraft zu installieren ermöglicht inn[o]pact. inn[o]pact ist selbst eine grundlegende Innovation, da dieser Ansatz in wesentlichen Punkten von allen bisherigen Innovationsentwicklungsprozessen abweicht. Nach erfolgreicher Umsetzung in sechs österreichischen Unternehmen läuft das Projekt inn[o]pact zurzeit bei Mibelle in der Schweiz.
6. Metalog-Konferenz: Courage in Organisationen: zwischen Routine, Verantwortung und Freiheit
Wir haben Ihnen im letzten Newsletter angekündigt, dass der Termin für die nächste Metalog-Konferenz verschoben werden muss. Nun ist der neue Termin fixiert: 6. Juni bis 9. Juni 2007 in Strobl am Wolfgangsee.
Führungsdialog von 1. bis 3. September 2007 im Waldviertel
Dies ist eine Gelegenheit, sich zweimal pro Jahr mit anderen erfahrenen Führungskräften zurückzuziehen und in dialogischen Gesprächen gemeinsam wichtigen Fragen nachzugehen.
Verblüffende Vielfalt geht in die 2. Runde
Bei diesem Angebot nehmen sich Führungskräfte alle 6 Wochen Zeit für kollegiale Beratung mit Führungskräfte-KollegInnen.