Dietmar Alge: Einerseits, ob wir die Produkte überhaupt brauchen und andrerseits, ob wir ausreichend Ressourcen haben werden. Wir haben viele Kreisläufe geschlossen, nur den wichtigsten nicht. Beispielsweise das Kernthema Nachhaltigkeit: Wenn ich heute zum Beispiel eine Bohrmaschine beim Discounter kaufe, kostet die 19,90 € und hat 1 Jahr Garantie. Dieser Garantiezeitraumist eine spannende Periode, vor allem der letzte Tag der Garantie. An diesem Tag, nachts um 24 Uhr passiert etwas Entscheidendes: die Verantwortung für dieses gekaufte Produkt wechselt die Seiten. Sie kippt nämlich vom Hersteller zum Eigentümer, weil die Garantie abläuft. Wird die Maschine um fünf vor 24 Uhr defekt, muss sie vom Hersteller kostenlos repariert werden. Wird sie aber erst um fünf nach 24 Uhr defekt, muss der Eigentümer eine neue kaufen. Das hat natürlich dramatischen Einfluss auf die Wirtschaft. Nicht im Einzelnen, aber in der Summe. Theoretisch wäre es für den Produzenten ideal, die Geräte so zu konstruieren, dass alle um fünf nach 24 Uhr kaputt gehen. Das hat sich bisher noch niemand getraut, aber ob fünf nach zwölf oder ein Jahr nach Ablauf der Garantie, das ist nur ein Detail. Die „Denke“ ist auf „rasch kaputt gehen und wegwerfen“ ausgelegt und so wird auch produziert. Früher war „die Denke“ auf „lebenslang verwenden und reparieren“ ausgelegt. Dieser Paradigmenwechsel ist aber nur möglich, weil wir inzwischen zwar viele Kreisläufe geschlossen, den wichtigsten aber noch immer noch offen haben: die Entsorgung. Müsste der Hersteller alle seine produzierten Geräte selbst entsorgen, würde er seine Produkte so konstruieren, dass wesentliche Teile wiederverwendet werden können. Heute liegt die Entsorgung beim Käufer, der Hersteller hat meistens nichts mehr damit zu tun. Einen Computer hat man früher reparieren können, Einschub rein, Einschub raus. Die waren noch ganz anders konstruiert. Heute haben wir nicht mal mehr Techniker, die es so konstruieren können. Wir sind durch das Wegwerfen auch in den Ressourcenbereichen, nicht nur im Verbrauch, an den Grenzen angekommen. Wir haben inzwischen das Wachstum ad absurdum geführt. Wir mussten in den letzten Jahren in der EU mindestens 2% Wachstum erzielen, damit wir unsere Beschäftigten halten können. Wir konnten im Durchschnitt unsere Produktivität jährlich im selben Ausmaß erhöhen. Das „immer schneller, immer mehr“ unserer Automaten- erzwungen und verursacht durch das systemische Wachstum mit den jährlichen Lohnerhöhungen- zwingt uns, die Produktivität zu erhöhen. Dies geht in Mitteleuropa vorwiegend über Automatisierung. Aber die Automaten fressen die Arbeitsplätze auf. Wir sind an eine Grenze gestoßen. Wird die Arbeitslosigkeit groß, haben die Menschen letztendlich kein Geld mehr, die „Automatenergebnisse“ zu kaufen, auch wenn sie noch so billig sind. Das muss man nur konsequent zu Ende denken und es liegt klar auf der Hand: es wird in den nächsten Jahren zu großen Verwerfungen kommen.