Dann ist das ein geeignetes Buch für Sie! Aber erwarten Sie nicht zu viel Endgültiges, Abgeschlossenes. Aber davor werden Sie auch schon anfangs gewarnt: „Nichts in diesem Buch ist fertig, nichts ist abgeschlossen - kein Ergebnis. Es ist Anregung, Impuls und Einladung zum Weiterdenken.“ (S. 12). Dem Paradigma der Selbstorganisation und -steuerung folgend, ist dies schlüssig. Dies besagt - verkürzt ausgedrückt -, dass Steuerung in autopoietischen, sich selbstorganisierenden Systemen nur als Selbststeuerung denkbar ist und diese nur durch Irritationsimpulse angeregt werden kann. Es ist der Selbststeuerung des LeserInnen-Systems überlassen, was die Beiträge des Buches bedeuten. Sie halten das für normal? Gut. Und hier ist diese Normalität Konzept! Wie im richtigen Leben (das es jenseits von Büchern noch gibt). Wir - Interventionisten mit Steuerungsansprüchen in Beratung, Training, Führung oder Organisationsentwicklung - finden es häufig „normal“, wenn etwas anderes geschieht, als mit der Intervention beabsichtigt. Aber wir intervenieren dennoch absichtsvoll - und manchmal sind wir doch ein wenig enttäuscht, wenn das intervenierte System anders reagiert als der Steuerungsimpuls es „beabsichtigen wollte“. Wir stoppen hier und intervenieren weiter, nachhaltiger, anders ... - ohne die Systemreaktion als wertvolle Rückmeldung des intervenierten Systems, als „Information“ zu verstehen und unser Weiter- oder auch unser Nicht-Weiter-Intervenieren danach zu justieren. Naheliegend wäre es deshalb schon, diese Normalität zum Konzept zu machen. Darauf sind - wen wundert's - viele schon gekommen und insofern haben Selbstorganisation und vor allem momentan das „Systemische“ Konjunktur. Es entstehen - auf der Basis von systemtheoretischen, konstruktivistischen und chaostheoretischen Erkenntnissen - Theorien, die mehr oder weniger praktisch sind. In der Praxis wundert sich der ein oder die andere aber dann doch, dass es ist, wie es ist, aber immer auch anders sein könnte - trotz aller Rationalisierungsanstrengungen: was bleibt ist Kontingenz. Die Theorie - in ihrer Komplexität - hatte uns beeindruckt und ein Stück weit beruhigt. Vielleicht hatten wir selbst „abgeschlossen“ - das ist ja angesichts der Unsicherheitseskalation auch allzu verständlich. Aber was soll da noch mal ein neues Buch zu diesem Thema helfen? Ist nicht alles schon geschrieben worden? Haha ... Goethe lässt mit seinem Nachahmer Karl Valentin grüßen: „Aber eben noch nicht von jedem!“ Kurzschluss - wie so oft! Denkbar - und hier auch lesbar! - ist es doch trotzdem, dass ein Buch mit hohem Anregungs- und manchmal auch: Neuigkeitswert entstanden ist. Vielleicht liegt das an der Dialogform - wie Sie dialogfähig werden können, erfahren Sie übrigens ab Seite 21 im Beitrag von Thomas Böhm über Renko, einer, von einer japanischen Gedichtform abgeleiteten Form verketteten Denkens. Der Dialog sichert offenbar die Absicht, nicht vorschnell schnelle Antworten zu erhalten, wirkungsvoll ab. Denn: „Antworten sind oft Schlusspunkte. ... Warum sind wir so oft so stolz auf unsere Antworten? (Finden Sie das eine gute Frage?)“ (S. 17)